Gravel World Series Aachen - Sonne und Regen ergeben (fast) immer einen Regenbogen
Starke Konkurrenz beim WM Quali-Rennen
Am Wochenende des 31.5./1.6. fand in Aachen das “3-Rides” Bike Festival statt. Neben vielen Marathon oder RTF ähnlichen Formaten standen auch wieder zwei Qualifikationsläufe für die Gravel- und Amateur-Straßen WM auf dem Programm. Letzte musste am Sonntag leider aufgrund der Wetterbedingungen kurzfristig abgesagt werden aber wir durften uns am Samstag beim UCI Gravelrennen gehörig austoben. Im Unterschied zum Wörthersee wurde die Reihenfolge der Startblöcke umgedreht, d.h. die älteren Jahrgänge starteten in mehreren Minuten Abständen zuerst und als Letztes die Elite Fahrer samt den Profis.
Für die Radsportabteilung des TSV Gaimersheim waren zwei Rennfahrer am Start:
Herren: Holger Wanke, Alexander Geith
Außerdem begleitete uns erneut Matthias Riepl vom RSC Kelheim, der natürlich ebenfalls am Rennen teilnahm. Unser gemeinsames Ziel war, dass sich Alex und Matthias für die WM in Holland qualifizieren. Dafür brauchte es eine Platzierung unter den besten 25% Finishern der Altersklasse. Erfahrungsgemäß sollte das einen Platz ca. unter den Top 40 erfordern, die tatsächlichen Ergebnisse bedeuteten aber eine Quali mit Platz 34 und besser.
Vorbereitung
Matthias organisierte uns im Vorfeld eine riesige Ferienwohnung samt mehreren Dachterassen ca. 20km vom Startort entfernt. Nach einer längeren Anreise aufgrund der weiten Strecke bezogen wir zuerst unsere Unterkunft, warfen uns in unsere Radklamotten und fuhren zum Startort um die Unterlagen abzuholen und eine Proberunde auf der Strecke zu fahren.
Nobel haust der Sportler von heute
Insgesamt war die Strecke mit knapp 120km ausgeschrieben - auf zwei Runden verteilt. Bereits am Wörthersee zeigte es sich als absolut sinnvoll, die Strecke vorher abzufahren, da man dann gewisse Schlüsselstellen auch im Renntempo zumindest einmal vorher gesehen hat. So auch in Aachen: Technisch hochanspruchsvolle Abschnitte warteten keine auf uns aber wechselnder Schotter, Abfahrten über kleinere Felsen, ein Abschnitt durch einen Wald mit viel Matsch sowie oft wechselnde Beläge zwischen Schotter, Waldboden und Asphalt sollten uns am Renn-Samstag auf die Probe stellen.
Der Renntag
Völlig unüblich zu anderen Veranstaltungen war der Rennstart für Samstag Nachmittag angesagt, in dem Fall für uns in unserer Altersklasse um 15:25 Uhr. Ab ca. 14:00 Uhr fanden wir uns bei immer stärker zuziehendem Himmel im Startblock ein und ca. 20 Minuten vor dem Start öffnete der Himmel kurzzeitig seine Schleusen und kühlte uns mit hagelähnlichen dicken Regentropfen etwas ab.
Regen am Start vertreibt Kummer und Sorgen - oder so ähnlich
Glücklicherweise hörte es dann aber auch bis ca. 5 Minuten vor dem Start wieder auf und zumindest von oben sollte es trocken bleiben. Andere Fahrer mussten leider bereits ca. 50m nach dem Start den nassen Boden spüren denn dort gab es in einem sehr schnellen Start den ersten Crash und das klassische Geräusch von über Asphalt schabendem Metall.
Bei sehr hohem Tempo (zum Teil über 50km/h auf Schotter) absolvierten wir die ersten Kurven und Holger, Alex und Matthias waren immer in sichtbarer, fast berührbarer Nähe zueinander. Leider befand sich eine junge Dame mit ihrem Trekkingrad genau in dem Moment mitten in einer Abzweigung als das gesamt Feld in den ersten Wald auf Schotter einbog. Wie ein Hornissenschwarm umschlung unser Peloton die junge Fahrerin, die Gott sei Dank nicht “über den Haufen” gefahren wurde, trotzdem aber zu einigen Verzögerungen und massivem Stau geführt hat. An dieser Stelle wurden Matthias und Holger + Alex auch voneinander getrennt.
Die kurvenreiche Zick-Zack High-Speed Fahrt durch den folgenden Wald verlief oft am Grip-Limit und einzelne Fahrer mussten abreißen lassen, so dass sich immer wieder Lücken ergaben, die Holger mit massivem Einsatz wieder schloss. Auf den Abschnitten mit besserem Überblick sahen wir Matthias über die nächsten 30km immer ca. 50-100m vor uns in einer Gruppe während wir, v.a. Holger auf den Geraden versuchten das Loch zu schließen. Kurzzeitig bekamen wir hierbei sogar prominente Unterstützung. Am Ende eines Anstiegs schlossen wir auf Marcel Kittel auf, der uns zwar mitteilte dass er sich in seinem Leben schon so viel geschunden hat dass es ihm an Ort und Stelle schwer fällt sich gnadenlos zu quälen uns aber ermunterte, dass wir doch top fit wirkten und wir uns dann kurzzeitig im Gespann Wanke - Geith - Kittel - und dann der Rest der Meute - bewegten. In einem längeren Schotterabschnitt fanden wir (Matthias, Alex, Holger) schließlich zueinander und das Trio Infernale war schließlich wieder vereint. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir alle Drei bereits ordentlich Körner verschossen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei gut 34km/h und die Normalized Power zeigte bei fast 2h Fahrtzeit Werte deutlich über 300W an. Unsere Verpflegung bis dahin verlief grob unterschiedlich. Während Matthias im wahrsten Sinne des Wortes Probleme hatte, diverse Gels in sich zu behalten konnte Alex viel Material aufnehmen und fühlte sich zu Ende der ersten Runde nach wie vor gut. Leider mussten wir feststellen, dass es keine offiziellen Verpflegungsstellen hab. Da Holger bereits qualifiziert war und sein Pulver quasi verschossen hatte und Matthias mit der Aufnahme zu kämpfen hatte, übergab Holger seine letzte Flasche an Alex um damit die zweite Runde angehen zu können.
Fahrerisches Können war in manchen Schlammpassagen durchaus gefragt
Zu Beginn der zweiten Runde lösten sich diverse Gruppen auf wundersame Weise in Wohlgefallen auf. Beim überqueren der Ziellinie für die zweite Runde lagen Alex und Matthias nach 1:45h Rennzeit lediglich knapp 30s auseinander was gleichzeitig 10 Plätze ausmachte. Lediglich Fahrer aus älteren Altersklassen konnte man einholen, durch den Geschwindigkeitsunterschied waren hier aber keine Synergien und kraftsparende Grüppchen zu bilden. Erst als wir von hinten von den Elite Fahrern eingeholt wurden, nahm das Rennen wieder deutlich Fahrt auf. Leider kostete aber auch diese Fahrweise wieder viel Energie und der Akku leerte sich Stück für Stück Richtung Reserve. Spätestens ab ca. 30km vor Ziel war es dann wirklich ein harter Kampf. Es war stets ein Abwägen zwischen “einen letzten Antritt im Tank lassen” für eine bessere Platzierung in der Zielanfahrt und einem stetig hohen Tempo um nicht von weiteren Verfolgern eingeholt zu werden.
Risiko vs. Geschwindigkeit
Ersteres war dann im Fall von Alex auch nötig denn auf den letzten 10km kam plötzlich ein Fahrer aus der selben AK von hinten und die Beiden rollten zwei weitere AK-Fahrer auf, d.h. es entbrannte nochmal ein Kampf um 4 Plätze. Die letzten 2km führten über eine Kuhweide, waren also sehr uneben und es war schwierig nach der Rennzeit noch genug Körperspannung und Druck aufzubauen um den Abschnitt flott zu absolvieren. An einem kurzen Wiesenanstieg konnte Alex sich von den Verfolgern absetzen und auf Platz 21 die Ziellinie überqueren was dann die Quali für die WM bedeutete. Matthias folgte gerade einmal 6:30min später, leider aber auf Platz 43 und somit knapp 4 Minuten an der UCI-Quali Medaille vorbei. Im Ziel wartete Holger auf die abgekämpften Sportler, denen die Belastung deutlich anzusehen war.
Auch Aachen war wieder ein knüppelhartes Rennen, bei dem man keinen Meter geschenkt bekommt. Durch die Nähe zu Holland und Belgien war das Fahrerfeld sehr stark aufgestellt und um einen der vorderen Plätze zu ergattern braucht es einen perfekten Tag, an dem weder Mensch noch Maschine einen kurzen Durchhänger haben. Ein besonderer Dank gilt Holger, der Alex und Matthias tatkräftig unterstützte und sich im wahrsten Sinne des Wortes in Runde 1 “leer” gefahren hat.
Nach Regen und Sonne folgt der Regenbogen, zumindest auf der Medaille
Link zu den Ergebnissen: Link